Rolex kauft Bucherer: Der nächste große Deal

Rolex kauft Bucherer. Wer bei dieser Meldung zuerst an einen verfrühten (oder eher verspäteten?) Aprilscherz gedachte hat, dem geht es ähnlich wie dem Autor dieses Artikels. „Was bitte will Rolex mit einer Juwelierkette?“ Doch bei näherer Betrachtung macht der Einstieg der mit Abstand relevantesten Uhrenmarke in eine der drei großen Juwelier-Ketten (Bucherer, Wempe und Rüschenbeck) durchaus Sinn. Und im Hinblick auf die Rolex Historie ist die Übernahme auch gar nicht so überraschend, wie sie auf den ersten Blick scheinen mag.

Die Marke Rolex bestimmt schon seit langer Zeit die Gepflogenheiten bei den Konzessionären. Als absoluter Kundenmagnet bietet es sich für die Juweliere einfach an, die Marke mit der Krone ins eigene Sortiment aufzunehmen. Die Konzession gibt es aber natürlich nicht geschenkt: Hohe Anforderungen an Personal, Räumlichkeiten und Service müssen vorhanden sein und werden natürlich auch auditiert. Uhrmacher müssen spezielle Kurse besuchen und exklusiv bei Rolex erhältliches Werkzeug kaufen – die Marke lässt sich ihre Präsenz auf der Verkaufsfläche also gut bezahlen.

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Gleichzeitig schreibt Rolex seit einiger Zeit auch vor, dass eine bestimmte Anzahl an Uhren vorgehalten werden muss, um diese Kunden zeigen zu können – nur Bestände, die über dieses Mindestkontingent hinausgehen, dürften überhaupt verkauft werden. Das hat Folgen: Man kann viele Uhren anprobieren, sich auf die Liste setzen lassen und der Juwelier kann einen Paket-Deal anbieten, mit dem er auch eher unbeliebtere Stücke an den Mann oder die Frau bringt. Die Symbiose aus Rolex und Juwelieren scheint perfekt – doch die Margen, die im Handel landen, können die Hersteller natürlich auch selbst einstreichen.

Nur der nächste logische Schritt

Bereits vor vielen Jahren hat die Schweizer Luxusmarke Audemars Piguet damit begonnen, sich aus dem klassischen Konzessionärsgeschäft zu verabschieden. Auch Patek Philippe und Omega haben in der letzten Zeit ihre Konzessionen reduziert, andere Marken dürften folgen. Der Vorteil für die Hersteller und Uhrenmarken liegt auf der Hand: Die eigenen Stücke werden nicht mehr neben Konkurrenzprodukten ausgestellt, man hat volle Kontrolle über Personal und Räumlichkeiten, das Marketing wird erheblich erleichtert und man kann die Kunden gezielter ansprechen.

Branchenkenner vermuten ähnliche Gründe auch beim Deal zwischen Rolex und Bucherer. Gleichzeitig dürfte aber Insidern zufolge ein anderer Punkt mitentscheidend gewesen sein: Der Patriach der Juwelierkette, Jörg Bucherer, hat keine eigenen Nachkommen. Bei Rolex war man in der Folge angeblich besorgt darüber, wie die weitere Zusammenarbeit, die ursprünglich bereits seit 1924 besteht, in Zukunft weiter ablaufen könnte. Statt sich der Ungewissheit hinzugeben, hat man nun in Genf Nägel mit Köpfen gemacht und den größten Uhrenhändler der Welt einfach mal geschluckt.

Für Rolex ist die Übernahme, unabhängig vom Preis, ziemlich sicher leicht zu finanzieren. Mit einem geschätzten Jahresgewinn nach Steuern (Rolex selbst veröffentlicht keine Finanzkennzahlen) in Höhe von rund 3 Mrd. CHF dürfte genügend laufender Cashflow vorhanden sein. Zudem gilt es unter Branchenkennern als gesichert, dass Rolex auf einem so großen Berg an Cashreserven sitzt, dass man 10 Jahre lang den Betrieb am Laufen halten könnte, ohne auch nur eine einzige Uhr zu verkaufen. Künftig werden also Rolex und Bucherer unter dem Dach der Rolex S.A. agieren.

Das ändert sich (nicht)

Für Bucherer, deren Kunden und Mitarbeiter, sowie die anderen Uhrenhersteller als Lieferanten dürfte sich dabei aber nichts ändern. Auch unter dem Dach von Rolex wird Bucherer vollständig eigenmächtig agieren können und auch andere Marken nach wie vor in den über 100 Filialen der Kette anbieten. Welche Details sich konkret ändern werden, oder ob sich vielleicht auch überhaupt nichts ändert, bleibt erst einmal abzuwarten.

Dass Rolex überhaupt andere Unternehmen kauft, ist keine Seltenheit – nur sind die letzten Akquisitionen der Marke schon viele Jahre her. Insbesondere in den ersten Jahrzehnten des Erfolgs der Marke wurde jedoch fleißig zugekauft. Vom Uhrwerk-Hersteller Aegler über verschiedene Zifferblatt- und Gehäusehersteller bis hin zum legendären Uhrenarmband-Produzenten Stern Freres: Die Liste der bereits von Rolex getätigten Übernahmen ist länger, als viele Markenfans heute wissen.

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